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  • Warum Baden-Württemberg Zugriff auf Privatgrundstücke prüft Die Website „Anonymousnews” behauptet, das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg wolle „Grundstücke von Bürgern enteignen”, um Häuser für Geflüchtete zu bauen. Diese Behauptung ist aus dem Kontext gerissen. Grundstücke könnten in Zukunft enteignet werden, um Flächen für den allgemeinen Wohnungsbau zu schaffen. Am 30. Juli 2018 veröffentlichte die Website „Anonymousnews“ einen Beitrag mit folgender Überschrift: „Merkel-Regime will Grundstücke von Bürgern enteignen, um Häuser für Illegale zu bauen“. Der Beitrag wurde von der Website „News for Friends“ sowie dem Blog „Dan Godan aka Karate-Tiger“ weiterverbreitet. „Anonymousnews“ zitiert einen Artikel der „Stuttgarter Nachrichten“ vom 29. Juli 2018. Manche Sätze sind richtig wiedergegeben, andere falsch. Richtig ist: Die Stuttgarter Zeitung berichtete Ende Juli über ein vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg geplantes „Zugriffsrecht der Kommunen auf Privatgrundstücke im Innenbereich der Städte“. „Anonymousnews“ behauptet jedoch, „die Stuttgarter Nachrichten“ hätten auch über ein „internes Dokument“ des Ministeriums berichtet, das aufzeige, dass die neuen Häuser von Geflüchteten bezogen werden sollen. Das ist falsch. Im Artikel der „Stuttgarter Nachrichten“ ist von einem solchen Hintergrund der Überlegungen nicht die Rede. Dort heißt es lediglich: „Das Land will Bauland für neue Wohnungen aktivieren.“ Tatsächlich zieht das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg derzeit eine sogenannte „Innenentwicklungsmaßnahme“ in Erwägung, die es Kommunen erlauben soll, Zugriff auf Privatgrundstücke zu erwirken. Dadurch sollen Flächen bebaut werden können, um der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken. Im Zuge der Maßnahme könnte es auch zu Enteignungen kommen. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 31. Juli 2018 hervor, die CORRECTIV vorliegt. Die Behauptung, das Zugriffsrecht solle speziell dem Bau von Flüchtlingsunterkünften zugute kommen, wiesen sowohl das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg sowie das zuständige Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) auf Nachfrage von CORRECTIV jedoch zurück. Maßnahme soll Wohnungsbau aktivieren Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg teilte uns auf unsere Presseanfrage mit, die „Innenentwicklungsmaßnahme“ solle Kommunen dabei behilflich sein, Grundstücke in Siedlungsbereichen zu bebauen, die bebaubar seien, jedoch von den Besitzern nicht bebaut würden. Grund für die Überlegungen, so ein Pressesprecher des BMI: „Viele bebaubare Flächen bleiben ungenutzt, da Eigentümer auf höhere Grundstückspreise spekulieren oder aus sonstigen Gründen nicht gewillt sind, Grundstücke für den Wohnungsbau zu verkaufen.“ Ziel sei es, die Modernisierung und den Bau von Wohnraum zu verbessern und das Wohnungsangebot in den Ballungsgebieten zu erweitern. Enteignung als „letzte Stufe“ Im Zuge der Maßnahmen könnten Grundstücksbesitzer enteignet werden. Würde ein Grundstücksbesitzer einer Bauverpflichtung nicht nachkommen, so die Pressesprecherin des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg, würde die Gemeinde ein „angemessenes Angebot zum freihändigen Erwerb des Grundstücks“ unterbreiten. Käme der Eigentümer diesem nicht nach, würde „als letzte Stufe die Enteignung greifen“. In der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg wird ein möglicher Ablauf dieser Maßnahme beschrieben: Schaffung von Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen „Anonymousnews“ behauptet, die Maßnahmen sollen dem Wohnungsbau für Flüchtlingsunterkünfte dienen. CORRECTIV hat deshalb beim Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg nachgefragt, ob von dem durch die Maßnahme erwirkten Wohnungsbau speziell Geflüchtete profitieren sollen. Die Pressesprecherin antwortete darauf: „Die Aktivierung von Baugrundstücken soll dem Wohnungsbau insgesamt zugutekommen.“ Auch der Pressesprecher des BMI wies die Behauptung von „Anonymousnews“ zurück: „Es geht dabei nicht um die Unterbringung von Flüchtlingen, sondern um die Schaffung dringend benötigten Wohnraums für alle Bevölkerungsgruppen, insbesondere für Familien.“ Keine abschließende Positionierung In der Pressemitteilung, die CORRECTIV vorliegt, teilte das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg mit, es prüfe derzeit die bundespolitische Erwägungen zu einer mögliche Einführung der Maßnahme. Eine abschließende Positionierung gebe es derzeit noch nicht. Die Pressemitteilung wurde laut Ministerium landesweit an die Presse geschickt, jedoch nicht auf der Website veröffentlicht. „Wir müssen an dieser Stelle alle Interessen abwägen. Dazu zählen die Interessen der Eigentümer, aber auch die Interessen der Menschen, die keinen angemessenen und bezahlbaren Wohnraum finden, ebenso wie die der Kommunen“, heißt es dort.
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